Morbus Crohn
Morbus Crohn bezeichnet eine Erkrankung, die zur Gruppe der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen gehört.
Definition
Die Diagnose „Morbus Crohn“ bezeichnet eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, kurz CED. Zu dieser Krankheitsgruppe gehören neben Morbus Crohn auch Colitis ulcerosa sowie die mikroskopische Kolitis. Charakteristisch für diese Erkrankungen sind chronische Entzündungsprozesse – in erster Linie im Darm. Die Symptome und der langfristige Verlauf können bei den einzelnen Krankheitsbildern unterschiedlich sein.
Anders als bei den übrigen CED können beim Morbus Crohn alle Abschnitte des Verdauungstrakts vom Mund bis zum After betroffen sein. Die Entzündungen können zudem von der Darmschleimhaut bis in die unteren Schichten der Darmwand reichen (eine sog. transmurale Entzündung). Durch die chronische Entzündung der gesamten Darmwand können sich Komplikationen wie Fisteln (Verbindungsgänge vom Darm zu anderen Organbereichen) und/oder Verengungen des Darms (Stenosen) entwickeln.
In welchen Organen des Verdauungstrakts Entzündungen auftreten, kann von Patient*in zu Patient*in unterschiedlich sein. Am häufigsten betroffen ist der letzte Teil des Dünndarms (terminales Ileum) häufig zusammen mit dem Dickdarm (Kolon).
Die Krankheitsursache des Morbus Crohn ist bislang nicht genau bekannt. Es wird vermutet, dass eine gewisse genetische Veranlagung (Prädisposition) besteht, auf deren Basis sich im Zusammenspiel mit Umweltfaktoren (z.B. Rauchen) eine chronische Darmentzündung entwickelt. Außerdem ist auch das Immunsystem an der Ausbildung der Erkrankung beteiligt.
An einem Morbus Crohn leiden in Deutschland Schätzungen zufolge ca. 320 von 100.000 Menschen. Morbus Crohn scheint dabei weltweit an Häufigkeit zuzunehmen. Bei der Mehrzahl der Betroffenen entwickelt sich die Erkrankung zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, sie kann aber prinzipiell in jedem Lebensalter – also auch bei Kindern und älteren Menschen – erstmals auftreten.
Typische Beschwerden bei Morbus Crohn sind Bauchschmerzen, Bauchkrämpfe, starker Durchfall (Diarrhoe) und Blähungen. In schweren Fällen kann es zu bis zu 15 Darmentleerungen pro Tag kommen. Der Stuhl ist wässrig, enthält aber selten Blut.
Weitere häufige Symptome eines Morbus Crohn sind Appetitlosigkeit, ungewollte Gewichtsabnahme, Fieber sowie Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Erschöpfung. Durch die Durchfall-bedingten Nährstoffverluste kann es zu Mangelerscheinungen kommen.
Die chronische Entzündung kann zur Entwicklung von Komplikationen wie Eiteransammlungen (Abszesse) und Verengungen im Darm (Stenosen) führen. Zudem können sich Fisteln bilden, also Verbindungsgänge vom Darm zu anderen Organbereichen wie etwa in die Bauchhöhle, aber auch nach außen im Analbereich. In Folge der Komplikationen kann es zu Vernarbungen im Darm kommen und damit zu einem erhöhten Risiko eines Darmverschlusses (komplett oder teilweise).
Nicht selten kommt es bei Morbus Crohn zu Krankheitserscheinungen außerhalb des Darms, den sogenannten extraintestinalen Manifestationen. Dabei können Leber, Gallengänge, Haut, Augen und Gelenke betroffen sein.
Diagnose / Differenzialdiagnose
Der Verdacht auf das Vorliegen eines Morbus Crohn ergibt sich im Allgemeinen aus dem aktuellen Beschwerdebild des Patienten/der Patientin, seiner Vorgeschichte (Anamnese) sowie der klinischen Untersuchung.
Bei der Anamnese werden die Krankheitsgeschichte des Patienten/der Patientin, die gegenwärtigen Beschwerden sowie ihre Dauer und Schwere erfragt.
Außerdem wird nach Risikofaktoren wie dem Rauchen gefragt. Interessant ist ferner, ob ein Morbus Crohn oder eine andere chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED) bei Familienmitgliedern bekannt ist. Explizit sollte auch nach extraintestinalen Manifestationen gefragt werden, da diese bei milden Darmbeschwerden im Vordergrund stehen können.
Bei der körperlichen Untersuchung werden Größe und Gewicht des Patienten/der Patientin ermittelt. Es sollten außerdem der Bauch und der Enddarm ausgetastet werden.
Von dem Arzt/der Ärztin veranlasste Laboruntersuchungen geben Auskunft über die allgemeinen Blutwerte und vor allem über Entzündungsparameter wie dem sogenannten C-reaktiven Protein (CRP). Im Stuhl sollte das Calprotectin und bei unklaren Befunden ggf. Autoantikörper bestimmt werden.
Ergeben sich aus der Anamnese und der körperlichen Untersuchung Hinweise auf das Vorliegen eines Morbus Crohn, so wird die Diagnose üblicherweise durch weitere Untersuchungen erhärtet. Hierzu gehört eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) des Bauchraums.
Gesichert wird die Diagnose schließlich durch eine Darmspiegelung (Koloskopie). Dabei handelt es sich um eine endoskopische Untersuchung, bei der geprüft wird, ob und in welchen Darmbereichen Entzündungsprozesse ablaufen und wie ausgedehnt diese sind. Es kann ferner untersucht werden, ob sich bereits Eiteransammlungen (Abszesse), Verbindungsgänge zu anderen Organen/nach außen (Fisteln) oder Darmverengungen gebildet haben. Außerdem können Gewebeproben (Biopsien) zur weiteren mikroskopischen Untersuchung entnommen werden.
Neben Ultraschalluntersuchung und Darmspiegelung können bei besonderen Fragestellungen eine Röntgenuntersuchung des Darms oder eine Computer- oder Kernspintomographie notwendig werden. Es kann zudem eine Magen- oder Dünndarmspiegelung (Doppelballonendoskopie) angezeigt sein, um die Situation im oberen Verdauungstrakt konkret beurteilen zu können.
Therapie
Morbus Crohn ist bislang nicht heilbar. Ziel der Behandlung ist es daher, die Beschwerden zu lindern und die Entzündungen einzudämmen, um eine Phase ohne Krankheitsaktivität zu erreichen (Remission). In der Folgezeit geht es dann darum, diese Remission möglichst lange zu erhalten und ggf. Komplikationen zu vermeiden.
Die Behandlung erfolgt im Allgemeinen medikamentös und abhängig von der akuten Entzündungsaktivität. Diese wird unterteilt in milde, moderate und schwere Verlaufsformen. Üblicherweise wird in der Akutphase zunächst ein Korikosteroidpräparat (umgangssprachlich auch Kortison genannt) verordnet, um die Entzündung effektiv zurückzudrängen. Die Leitlinien empfehlen bei mildem bis moderatem, akuten Morbus Crohn Präparate mit dem Wirkstoff Budesonid. Budesonid ist eine spezielle Form eines Kortikosteroidpräparates, das nur lokal begrenzt freigesetzt und verstoffwechselt wird und dadurch besonders gut verträglich ist. Bei der Behandlung des Morbus Crohn werden die Budesonidpräparate im Übergang vom Dünndarm in den Dickdarm freigesetzt, also in der Darmregion, die bei Crohn-Patient*innen häufig entzündet ist. Die Substanz entfaltet seine entzündungshemmende Wirkung somit direkt am Ort des Geschehens. Budesonid wird anschließend vom Darm in die Leber transportiert und dort abgebaut. Es zirkuliert damit nur in minimaler Menge im Blut und der Körper wird nur wenig belastet. Das erklärt, warum unter Budesonid deutlich seltener Nebenwirkungen auftreten als unter anderen systemisch (im ganzen Körper) wirksamen Kortikosteroiden. Budesonid ist in verschiedenen Darreichungsformen verfügbar.
Ist kein Rückgang der Krankheitssymptome mit Budesonid zu erreichen, kommen neben systemisch wirksamen Kortikosteroidpräparaten Immunsuppressiva (Substanzen, welche das Immunsystem unterdrücken) zum Einsatz - vor allem mit den Wirkstoffen Azathioprin oder Methotrexat. Sie unterstützen die entzündungshemmende Wirkung der Kortikosteroidpräparate und tragen so dazu bei, diese einzusparen. Zu bedenken ist, dass sich die volle Wirkung der Immunsuppressiva oft erst im Verlauf von 3-6 Monaten zeigt. Kommt es in diesem Zeitraum wiederum zu keiner Verbesserung des Krankheitszustandes, so wird Morbus Crohn üblicherweise mit sogenannten Biologika behandelt. Hierbei handelt es sich vor allem um biotechnologisch hergestellte Antikörper, die gegen bestimmte entzündungsfördernde Botenstoffe im Körper wirken.
Nach Eintritt der Remission kann durch eine Erhaltungstherapie dem erneuten Auftreten von Krankheitsschüben vorgebeugt werden. Auf Grund des Nebenwirkungsspektrums ist das vorrangige Ziel eine kortikosteroidfreie Remission.
Eine spezielle Diät zur Behandlung des Morbus Crohn gibt es nicht. Die Patient*innen sollten wegen einer drohenden Mangelernährung allerdings auf eine ausgewogene Ernährung achten. Dabei sollte selbstverständlich auf den Verzehr von Lebensmitteln, die vom einzelnen Patienten/der einzelnen Patientin nicht gut vertragen werden, verzichtet werden.
In schweren, medikamentös nicht zu beherrschenden Fällen sowie beim Auftreten von Komplikationen wie Fisteln oder Darmverengungen kann eine Operation notwendig werden. Eine Entfernung des entzündeten Darmbereichs führt aber nicht zu einer Heilung, da die Entzündung sich in andere Regionen des Magen-Darm-Trakts verlagern kann. Deshalb wird stets versucht, möglichst darmerhaltend zu operieren.
Beim Morbus Crohn kann es als Folge der Durchfälle zu Mangelerscheinungen, vor allem von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen kommen. In solchen Fällen sollten die betroffenen Substanzen durch eine sogenannte Substitutionstherapie ergänzt werden, um eine möglichst optimale Funktion des Stoffwechsels zu gewährleisten.
Als wichtige unterstützende Maßnahme sollte auf das Rauchen, ein Risikofaktor des Morbus Crohn und von möglichen Komplikationen im Krankheitsverlauf, verzichtet werden.
Morbus Crohn geht wie alle chronischen Erkrankungen mit besonderen Belastungen im Lebensalltag einher. Daher kann eine psychotherapeutische Begleitung zur Krankheitsbewältigung sinnvoll sein. Auch der Erfahrungsaustausch mit anderen an Morbus Crohn Erkrankten in Selbsthilfegruppen kann hilfreich sein.
Verlauf und Prognose
Morbus Crohn nimmt üblicherweise einen schubartigen Verlauf. Neben akuten Krankheitsphasen mit zum Teil erheblichen Beschwerden gibt es Phasen nur geringer Krankheitsaktivität. In mehr oder weniger großen zeitlichen Abständen kann es jedoch zu Rückfällen (Rezidiven) kommen. Die wiederaufgeflammte Entzündung kann im Allgemeinen durch eine erneute medikamentöse Behandlung wieder in Remission gebracht werden.
Welchen Verlauf Morbus Crohn im Einzelfall nehmen wird, ob die Entzündung schwer oder eher mild ist und wie häufig und wann Rückfälle auftreten, lässt sich nicht oder nur nach einer längeren Beobachtungsdauer vorhersagen.
Nach derzeitiger Kenntnis ist die Lebenserwartung der Crohn-Patient*innen nicht oder kaum beeinträchtigt, sofern die Erkrankung frühzeitig erkannt und konsequent behandelt wird. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen bei einem Arzt/einer Ärztin sind deshalb wichtig, um ein drohendes Wiederaufflammen der Entzündung oder die Entwicklung von Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.